Risikominimierung in der Beschäftigung von Fremdpersonal im Gesundheitswesen
Mein Auftraggeber zählt mit mehr als 380 Betten und ca. 800 Mitarbeitern zu den Schwerpunktkrankenhäusern und verfügt über die Fachabteilungen Innere Medizin, Allgemein- und Viszeral- und Thoraxchirurgie, Gefäßchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Neurologie, Gynäkologie, Anästhesie und Intensivmedizin sowie den Belegabteilungen für Urologie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Neurochirurgie.
Eine Prüfung durch den Zoll hatte in einer Schwesterklink insbesondere in den Bereichen Scheinselbständigkeit und unzulässige Arbeitnehmerüberlassung zu unbefriedigenden Ergebnissen geführt, welche empfindlichen Sanktionen sowie Nachzahlungen an Sozialkassen ausgelöst hatten.
Mein Auftrag bestand darin, die in der Schwesterklinik aufgefallenen Bereiche im Haus meines Auftraggebers zu analysieren, Risikopotential zu minimieren und eine Beratung hinsichtlich der Prüfungssicherheit der Fremdpersonalbeschäftigungsverhältnisse zu leisten.
Scheinselbständigkeit
Es wurden die wesentlichen Beauftragungen von Freelancern/Freiberuflern, Honorar- und Konsiliarärzten, ärztliche Berater, Werk- bzw. Dienstverträge analysiert. Auffällig war dabei, daß freiberufliche Mitarbeiter nur sporadisch mit einem Standard-Vertragswerk beauftragt wurden, sehr häufig aber auf individuellen Vertragsvorlagen der Freiberufler selbst zurückgegriffen wurde. Es war daher eine individuelle Vertragsprüfung erforderlich um mögliche Risiken, die in Formulierungen schlummern, zu analysieren. Ferner fielen einige Freiberufler auf, die dauerhaft (zum Zeitpunkt der Analyse bereits mehr als 18 Monate) und augenscheinlich in Vollzeit vor Ort beschäftigt waren bzw. in die Arbeitsabläufe und Prozesse der Klinik integriert waren, wie eigene Mitarbeiter.
Subsidiärhaftung
Als besondere Raffinesse erwartet der deutsche Gesetzgeber, daß Auftraggeber von Fremdpersonaldienstleistungen in bestimmten Bereichen die Verantwortung für Fehler der jeweiligen Fremdfirmen übernehmen. So wird der Auftraggeber beispielsweise dann in Rechenschaft gezogen, wenn die Fremdfirma sich nicht ans Mindestlohngesetz hält, fällige Sozialabgaben nicht entrichtet oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung betreibt.
Da der Auftraggeber keinen direkten Einfluss auf die Handlungen der Fremdfirma nehmen kann, ist ein sorgsamer Blick auf die Dienstleister besonders empfehlenswert.
Unzulässige Arbeitnehmerüberlassung
Um das Risiko der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung und der damit verbundenen Dritthaftung zu vermeiden habe ich mit einen intensiven Lieferantencheck durchgeführt. Parallel habe ich ein effizientes, aber belastbares Nachunternehmermanagementsystem aufgebaut und in den Prozess des Rechnungswesens bzw. der Kreditorenbuchhaltung integriert. Die Fremdfirmen bekamen die Aufgabe, regelmäßig erforderliche Nachunternehmerunteralagen (z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen und der Berufsgenossenschaften) eigeninitiativ einzureichen. Säumige Lieferanten, die ihre Unterlagen nicht rechtzeitig einreichten, eröffneten der nun involvierten Buchhaltung die Möglichkeit, Rechnungen im Wiederholungsfall zu kürzen und den zurückbehaltenen Betrag der „Risikokasse“ gutzuschreiben. Das effiziente Nachunternehmermanagement reduziert das Risiko der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung, da ständig aktuelle Informationen über die relevanten Faktoren (Zahlungsfähigkeit, Vorliegen einer gültigen Erlaubnis etc.) vorgehalten werden.